Die Shamir-Regierung 1990-1992
Premierminister Shamir,
ehemaliger Leiter der LEHI-Terrorgruppe, bildete nach dem Bruch der Großen Koalition eine neue Regierung, mit
großem Einfluß der äußersten Rechten und der religiösen
Parteien.
Die Schass-Partei war die entscheidende Partei, um die sich sowohl Labour als auch Likud bemüht hatten. Obwohl sie dem
Ausbau der besetzten Gebieten eher ablehnend gegenüberstand, entschied sich die Schass-Partei für eine Likud-Regierung
und wurde dafür mit großen finanziellen Zuwendungen für ihre Klientel bedacht.
Der starke Mann dieser neuen Regierung war eindeutig Ariel Sharon, der alte Förderer von Gush Emunim. Sharon übernahm
das Haus-Ministerium zeichnete zudem für die Immigration verantwortlich.
Er reintensivierte den Siedlungsprozeß mit dem Ergebnis, daß in der knapp zweijährigen Amtszeit dieser Koalition
zahlreiche neue Siedlungen gegründet und mehr Wohnungen in den besetzten Gebieten gebaut oder begonnen wurden als im
Zeitraum 1967-1990: 26 000 Wohneinheiten für drei bis vier Personen. Ein Großteil dieser Wohnungen wurde jedoch nur
vertraglich zugesichert, so daß die nachfolgende Rabin-Regierung diese Wohnungsverträge übernehmen mußte und der
Großteil der Wohnungen erst nach 1992 gebaut wurde.
Sharon stellte einen neuen Siedlungsplan auf, der durch eine hohe staatliche Subventionierung die Suburbanisierung in
den besetzten Gebiete drastisch erhöhen sollte. Hintergrund war die massive Wohnungsknappheit, die durch die massive
Einwanderung russischer Juden ausgelöst worden war.
Einwanderung von sowjetischen Juden
In den 70er Jahren emigrierten 150 000 und in den 80er Jahren weitere 30 000 sowjetische Juden nach Israel. Als
sich
der Zusammenbruch der Sowjetunion abzeichnete, nahm die Emigration einen rapiden Aufschwung. Erstes Ziel der
meisten Juden war jedoch nicht Israel, sondern die USA. Erst als ihnen dort 1989 der generelle Flüchtlingsstatus
entzogen wurde, und jeder Jude seine Verfolgung nachweisen mußte, zogen die sowjetischen Juden massiv nach Israel:
1990-1993: 464 300 sowjetische Juden
Vergleichbar war dieser Einwanderungsstrom nur mit der Zeit kurz nach der Staatsgründung und stellte den Staat vor
enorme Herausforderungen, wenn man bedenkt, daß in Israel nur > 5 Mio Menschen leben.
Hinzu kommt die Tatsache, daß in der ehemaligen Sowjetunion schätzungsweise weitere 1,5 Millionen Juden leben, die
zwangsläufig das Recht zur Einwanderung besitzen. Eine Verweigerung der Aufnahme (sowjetischer) Juden steht aus
israelischer Sicht außer Frage, da ein Hauptfundament des Staates die Einwanderung jedes Juden ist.
Die Einwanderung wird auch aus demographischen Gründen befürwortet, da die arabische Bevölkerungsgruppe in Israel sich
stärker vermehrt als die Juden. Versuche, die sojwetischen Juden in den zahlreichen kleinen Siedlungen der Westbank
anzusiedeln sind jedoch weitgehend gescheitert.
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Diese massive Einwanderungswelle drohte die wirtschaftliche und soziale Kapazität des Staates zu überfordern und
ließ keine Zeit für eine langfristige Planung.
Sharons Siedlungsplan sah eine Kantonalisierung vor, d.h. die Palästinenser sollten 11 isolierte und autonome Kantone
bekommen, die von Israel leicht kontrolliert werden können. Durch diese Ghettoisierung der Palästinenser sollte
irreversible Realitäten geschaffen werden.
Auf einer Länge von 80 km entlang der Grünen Linie (nördlich von Tel Aviv) sollte die Region judaisiert werden. Die
meisten neuen Siedlungen sollten direkt an der Grünen Linie oder in der "Waffenstillstandszone" liegen. 12
Vorstadtzentren (von Mod`in bei Jerusalem bis nahe Jenin) sollten in einem Dreieck gebaut werden, in einem Gebiet in
dem bis dato 140 000 Palästinenser und 40 000 Juden lebten.
Seine Projektion für das Jahr 2010 sah eine Bevölkerung von 250 000 Juden in der Westbank und Gaza vor, wovon
der allergrößte Teil in nichtideologischen Vororten bei Jerusalem leben sollte. In Maale Adumim sollten 60 000 Juden
leben (bisher 17 000), in Pisgat Zeev 70 000 (bisher 19 000) und in Betar 60 000 (bisher 1 800). Diese Vororte, sowie
der Etzion-Block und Givat Zeev werden von Sharon und auch von der Mehrheit der israelischen Politiker nicht als
Siedlungen im eigentlichen Sinne betrachtet, sondern als normale Vororte wie in Israel. Sie stehen daher außerhalb
einer etwaigen Verhandlungsmasse bei Friedensgesprächen.
Sharon bevorzugte als Haus-Minister eindeutig die besetzten Gebiete vor den übrigen Entwicklungsgebieten im Norden und
Süden Israels. Doch auch Sharon stieß bei seinen Ambitionen auf Grenzen, denn bei der Realisierung der Pläne stand der
soziale Frieden in Israel in Gefahr auf dem Spiel. Höchste Priorität hatte bei der Bevölkerung die schwierige
Eingliederung der russischen Juden.
Zu diesem Zwecke ersuchte Israel die USA um eine 10 Milliarden $ Kreditgarantie, die auch unter der Bedingung eines
Siedlungsstops in den besetzten Gebieten gewährt wurde. Alle Gelder für den weiteren Siedlungsbau sollten vom
Kreditrahmen abgezogen werden.
Nichtsdestotrotz versuchte die Likud-Regierung mit der Ansiedlung von russischen Juden in der Westbank zwei Ziele
gleichzeitig zu verwirklichen: Eingliederung der Immigranten bei gleichzeitigem massiven Ausbau der Siedlungen in der
Westbank. Spezielle Förderungsprogramme des Finanzministeriums und der Jewish Agency zeigten jedoch nicht den erhofften
Erfolg, denn die überwiegende Mehrheit der russischen Juden lehnte eine Ansiedlung in den besetzten Gebieten ab. Nur
wenige Immigranten haben sich nach den offiziellen Statistiken dort niedergelassen.
Insgesamt gab es nach einem US-Report Anfang 1992 ca. 230 bis
240 000 Siedler in der besetzten Gebieten, inkl. Ost-Jerusalem.
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Y. Shamir |
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