Der Widerstand gegen die Siedlungspolitik der Likud-Regierungen äußerte sich jedoch nicht nur in der Gründung neuer
Parteien, sondern manifestierte sich auch in außerparlamentarischen und illegalen Aktionen.
Ein radikaler Teil der Gush Emunim-Siedler begnügte sich nicht mit dem Lobbying und dem pragmatischen Siedlungsaufbau
in den besetzten Gebieten. Aus Protest gegen den langsamen Siedlungsausbau und einen mangelnden Schutz der Siedler
agierten sie häufig gegen staatliche Verordnungen und Regelungen. Problematisch war in diesem Zusammenhang die
Einstufung der Siedlungen als "confrontation settlements", die die Siedler zur Selbstverteidigung und zum Tragen von
Waffen berechtigte.
Darüber hinaus wurden die Siedler in ein regionales Verteidigungssystem eingebaut, nach dem jede Siedlung für ihre
eigene Sicherheit verantwortlich ist. Siedler leisteten dazu ab 1981 ihren Wehrdienst in Militärstationen ihrer Gegend
und unter ihrem Kommando ab.
Die andauernden Zusammenstöße mit Palästinensern förderten bei vielen jüdischen Siedlern ein sehr negatives Bild von
den Arabern. Radikale Siedler kritisierten die angeblich lasche Haltung der Armee und nahmen sich das Recht und die
Pflicht heraus, die Sache in die eigene Hand zu nehmen. Diese "vigilante philosophy" nahm dann gegen Ende der
80er Jahre mit Beginn der Intifada auch unter den urbanen nicht-ideologischen Siedlern immer stärkere Züge an, zumal
sie in den wenigsten Fällen von israelischen Gerichten belangt wurden und die Offiziere der Militärverwaltung ihnen
überwiegend positiv gegenüberstanden.
In der israelischen Öffentlichkeit wurde zu diesem Zeitpunkt schon eine "counter-intifada" der Siedler
befürchtet, obwohl der pragmatische Gush-Flügel seine anti-arabischen Aktivitäten zu minimieren versuchte.
Die radikalste Ausformung der "vigilante philosophy" bildete sich aus dem Umfeld von Gush Emunim. 1980 verübte eine
jüdische Terrorgruppe aus den Reihen der Siedler einige gezielte, tödliche Attentate auf Palästinenser.
Erst als der neue Likud-Premierminister I.Shamir (1983-84) ein Übergreifen der Gesetzlosigkeit auf Israel befürchtete,
wurde eine schonungslose Aufdeckung betrieben. 1984 konnte die Gruppe schließlich bei den Vorbereitungen zu einer
Sprengung von fünf arabischen Bussen verhaftet werden.
3 Attentäter wurden zu lebenslanger Haft verurteilt und der Rest bekam nur leichte Haftstrafen, aber schon Ende 1991
war keiner mehr in Haft. Zahlreiche Politiker von rechten Parteien zeigten ihr offenes Verständnis für die Attentäter,
wegen der Tatenlosigkeit der Armee beim Schutze der Siedler.
Die Beurteilung dieser Terrorgruppe führte Gush Emunim dann an den Rand der Spaltung.
Nach dem Tod des spirituellen Gush Emunim-Führers Rabbi Kook im Jahre 1982, war ein Führungsvakuum entstanden,
das verschiedene Rabbis zu füllen versuchten, aber es gab keinen einheitlichen Führer mehr.
Auf der einen Seite standen die radikalen und militärischen Rabbis wie M. Levinger und I. Ariel (Kach-Partei), die die
Terrortaten guthießen oder vollstes Verständnis zeigten. Ihnen gegenüber standen Kritiker wie die Rabbis Y. Amital und
Ben Nun.
Rabbi Amital war der erste bedeutende Kritiker des Gush aus den eigenen Reihen, der die Glorifizierung der Armee
kritisierte und die Entwicklung zu einer one-issue-Bewegung beklagte, die die elementaren Dinge des Judentums
vernachlässigte.
Rabbi Ben hingegen befürchtete die Gefahr eines ideologischen Krieges innerhalb Israels, auf den die Araber nur warten
würden. 1989 trat er schließlich aus dem Gush Emunim aus, da er nicht weiterhin unter einem gemeinsamen ideologischen
Dach mit den radikalen Rabbis wie Levinger leben konnte.
Auch die Amana-Führer kritisierten immer wieder die aggressive Haltung, insbesondere die geistige Mittäterschaft von
Rabbi Levinger am Terror, da dies "normale" Siedler abschrecken würde.
Letztendlich kam es jedoch zu keiner Spaltung der Bewegung, und der radikalere Flügel im Gush Emunim setzte sich
durch.
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