Allgemeine Politik sowohl der Labour- als auch der Likud-Regierungen war es, durch Siedlungsgründungen Fakten zu
schaffen, die einen vollständigen Rückzug aus der Westbank unmöglich machten oder doch zumindest sehr erschwerten.
Vor der Gründung der Gush Emunim-Organisation 1974 hatte es schon Einzelaktionen von überzeugten Siedlern gegeben, die
ohne offizielle Unterstützung historisch bedeutsame Orte oder unbesiedelte Hügel besetzten. Im Anschluß verweigerten
sie sehr medienwirksam einen Rückzug aus religiösen Gründen, zeigten aber die Bereitschaft zu einer konstruktiven
Lösung.
Herausragendes Beispiel war die mehrwöchige Besetzung eines Hotels in der vollständig arabisch besiedelten Stadt
Hebron im Jahre 1968 durch den radikalen Rabbi Levinger. 1929 waren die Juden in einem Pogrom aus Hebron
vertrieben worden und die erstmalige Wiederansiedlung von Juden in Hebron stieß bei vielen Israelis auf Wohlwollen,
insbesondere beim religiösen Koalitionspartner NRP, der Druck auf die Regierung ausübte.
Im Endergebnis zog die Gruppe aus der Stadt ab, erhielt aber im Gegenzug die Erlaubnis für die Gründung der Siedlung
Kiryat Arba bei Hebron, die sich mittlerweile zu einer der größten und fanatischsten Siedlungen in der Westbank
entwickelt hat.
In dem arabisch bevölkerten nördlichen Bergland der Westbank versuchte dann die Gush Emunim-Gruppe 1974 mehrmals
vergeblich Siedlungen zu gründen, aber jedesmal wurde das Medienecho und die Unterstützung von einigen Mitgliedern der
Regierung größer. Letztendlich wurden während der Labour-Regierung fünf Gush Emunim-Siedlungen gegründet und toleriert,
obwohl sie in dem nach dem Allon-Plan für die Palästinenser vorgesehenen Gebiet lagen. Bei diesen ersten Siedlungen
spielte S. Peres als Verteidigungsminister eine kritische aber fördernde Rolle.
Nach dem Machtwechsel 1977 konnte Gush Emunim dann zahlreiche Siedlungen mit offizieller Unterstützung des Staates
errichten. Die Mitglieder fühlten sich als Pioniere, die viele Siedlungen an Orten mit biblischem Bezug gründeten,
um dann weitere andere Siedler anzulocken. Zahlreiche Siedlungen wurden fernab von existierenden Straßen und
Versorgungseinrichtungen gebaut, um die Regierung zu einem Infrastrukturausbau zu zwingen und damit letztendlich alle
Siedlungen zu verbinden.
Vorbild waren die "stockage and tower" settlements, die die Arbeiterzionisten in den 30er Jahren während der britischen
Mandatszeit geschaffen hatten.
Die Gush-eigene Siedlungsorganisation Amana organisierte die Siedlungsaktivitäten der Gush-Gruppe und erhielt
bis 1984 eine große finanzielle Unterstützung seitens der Regierung und der Siedlungsabteilung
der WZO. Mit den zunehmenden Geldmitteln und dem Aufbau zahlreicher Siedlungen wurden die Amana-Führer jedoch
zunehmend pragmatischer und wandten sich von Protestaktionen und "vigilantes activities" ab. Der Zionismus stand bei
Amana in der Priorität vor dem Messianismus.
1987 gab es schließlich 54 Amana-Siedlungen mit 2 500 Familien. Schon diese Zahlen belegen, daß die Mehrheit der
Siedler weder organisatorisch noch politisch mit Gush Emunim verbunden sind. Bedeutung hat die Gush-Bewegung besonders
in den Siedlungen, die in den dicht bevölkerten arabischen Gebieten liegen sowie in der Region Hebron.
Lobbying
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