Rabins Regierung war die letzte, die einen Kompromiß bei den besetzten Gebieten hätte
schließen können, ohne die Legitimität und die Stabilität der politischen Ordnung in Israel zu gefährden.
Die Befürworter eines verhandelbaren Rückzuges fanden im Kabinett jedoch nicht genügend Unterstützung. Geschwächt wurde
ihre Position zusätzlich durch die starre Ablehnungsfront und Feindseligkeit der Araber, die das allgemeine Mißtrauen
der jüdischen Bevölkerung gegen die Araber noch verstärkte.
Rabin plädierte, anders als Dayan, für eine jordanische Verwaltung der arabischen Gebiete im Rahmen des Allon-Plans
statt einer zivilen arabischen Verwaltung der Palästinenser. Im Endeffekt führte aber auch Rabin keine echten
Verhandlungen über einen Kompromiß.
Auch taktische Gründe spielten hierbei eine Rolle: Premierministerin Golda Meir hatte 1973 dem Koalitionspartner NRP
versprochen, vor Entscheidungen auf diesem Gebiete Neuwahlen abzuhalten. Aufgrund der für die Labour-Partei immer
schlechter werdenden politische Lage scheute Rabin Neuwahlen.
Die ständigen Rivalitäten zwischen Peres und Rabin wirkten sich auch auf die Siedlungspolitik aus.
Dabei ging es in
erster Linie um die Frage einer eventuellen Rückgabe von besetzten Gebieten und nicht um eine etwaige Aufgabe von
jüdischen Siedlungen. Im Prinzip waren beide Politiker für eine Besiedlung der besetzten Gebiete.
Peres übernahm weitgehend die von Dayan geprägten Strukturen und unterstützte die Besiedlung in der ganzen Westbank.
Durch seine Mithilfe gelang es der Siedlergruppe Gush Emunim, gegen den Willen von Rabin, ihre ersten illegalen
Siedlungen in dicht besiedelten palästinensischen Gebieten zu gründen.
Die Basis für die verstärkten Kolonisierungsbemühungen nach dem Yom-Kippur-Krieg war das Galili-Protokoll
(September 1973), dessen Forderungen sich in der Labour-Partei immer stärker durchsetzten, aber auch zu großen
Differenzen im Regierungslager führten.
Schärfer als der Allon-Plan plante Israel Galili mit seinen Maßnahmen in einem funktionalen Kompromiß eine de facto
Annexion, aber keine de jure Annexion.
Die Infrastruktur sollte qualitativ und quantitativ erweitert werden und mit Maale Ephraim ein zweites Regionalzentrum
in der Westbank geschaffen werden. Die private Siedlungstätigkeit sollte u.a. durch limitierte private Landkäufe
gefördert werden, aber es sollten auch arabische Zivilisten verstärkt in die Militäradministration eingebunden
werden.
Das Galili-Protokoll bezog sich auf alle besetzten Gebiete, legte den Schwerpunkt jedoch auf die großzügige Besiedlung
des Sinai, um weiteren ägyptische Überraschungsangriffe vorzubeugen.
1976 verabschiedete die Labour-Partei dann fünf Monaten vor der Parlamentswahl den Labour-Settlement-Plan, mit
dem sie versuchte der allgemeinen Stimmungslage der Bevölkerung Rechnung zu tragen.
Im nördlichen Teil der Westbank war ein dritter Siedlungsgürtel entlang der Waffenstillstandslinie von 1949 vorgesehen.
Bis zu 8 km sollte er in die Westbank hineinragen, inklusive der palästinensischen Städte Tulkarm und Qualgilya.
Der Gush Etzion-Block sollte erweitert und durch eine Schnellstraße mit Jerusalem verbunden werden, 48 neue Siedlungen
sollten bis 1985 neugegründet und 18 000 zusätzliche Wohneinheiten für jüdische Siedler in Ost-Jerusalem geschaffen
werden.
Mit dieser Wahlplattform hatte sich die Labour-Partei immer stärker dem Programm des oppositionellen Likud-Blocks
angenähert.
Bei der Betrachtung der Bilanz von zehn Jahren Siedlungspolitik der Labour-Regierungen, kann nicht von einem
großangelegten Siedlungsprogramm gesprochen werden. Bis Juni 1977 waren schließlich nur 4 200 Siedler in 36
Siedlungen in die besetzten Gebieten (exkl. Ost-Jerusalem) gezogen.
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