Nach der Besetzung der Westbank übernahm Israel aufgrund der diffizilen völkerrechtlichen Lage das jordanische
Planungsgesetz von 1966 als Basisgesetz für die Planung. Zahlreiche Militärverordnungen veränderten jedoch die
Struktur und den Geist des Gesetzes fundamental.
Schon nach kurzer Zeit hatte sich ein duales System in der Westbank entwickelt, mit zwei völlig verschiedenen
Planungsprozessen für die arabischen und die jüdischen Siedlungen, mit unterschiedlichen Rechten für beide Volksgruppen
und mit einer doppelten Infrastruktur. Im Gegensatz zu den Palästinensern waren die jüdischen Siedler und ihre
Organisationen auf allen Ebenen an der Planung beteiligt.
Entscheidungen über die Siedlungsfrage wurden auf drei Ebenen getroffen.
Im Kabinett wurden die Hauptrichtlinien für die Siedlungspolitik entwickelt, die dann von den verschiedenen Ministerien
umgesetzt wurden. Während der Labour-Regierungen bis 1977 gab es starke Kompetenzrivalitäten zwischen den
involvierten Ministerien. Unklar war ob die Vertreter der einzelnen Ministerien in den besetzten Gebieten dem
Verteidigungsministerium, ihren "home ministeries" oder dem Kabinett untergeordnet sein sollten.
Die eigentliche Ursache für die Rivalitäten lag jedoch in der Zerstrittenheit der Labour-Partei (Arbeiterpartei)
begründet, die erst im Januar 1968 durch die Fusion der Parteien Mapai, Ahdut Haavoda (AH) und RAFI entstanden war. Da
die neue Arbeiterpartei keine beherrschende Führerfigur von Kaliber und Charisma besaß, die die Parteiflügel vereinigen
konnte, blieben die alten Parteirivalitäten unter dem Deckmantel der neuen Arbeiterpartei erhalten. Der starke
Faktionalismus und die Rücksichtnahme auf die Koalitionspartner führte dazu, daß Entscheidungen verzögert wurden
und nur minimale Nenner gefunden wurden ("deciding-not-to-decide").
Der AH-Flügel trat für ein ungeteiltes Groß-Israel ein, der Mapai-Flügel votierte für einen Teilungsplan und der
RAFI-Flügel setzte sich pragmatisch für eine Besiedlung aus Sicherheitsgründen ein.
In dem Machtkampf um die besetzten Gebiete gewann letztlich
Verteidigungsminister Moshe Dayan (RAFI) die Oberhand.
Moshe Dayan wurde überparteilich als Kriegsheld von 1956 verehrt und genoß die höchsten Sympathiewerte unter den
israelischen Politikern. Als 1967 eine starke Führungskrise die Bevölkerung verunsicherte, wurde Dayan auf Druck großer
Teile der Medien und der Bevölkerung zum Verteidigungsminister ernannt, der dann den überwältigen Sieg im Juni 1967
gegen die arabische Allianz erzielen konnte.
Er wurde oft auch als "King of the Territories" bezeichnet und drohte ständig mit der Abspaltung seines
RAKI-Flügels aus der Arbeiterpartei und konnte sich mit diesem Mittel zahlreiche Konzessionen erkämpfen.
Dayan beanspruchte die Verwaltung der besetzten Gebiete für sein Ministerium und prägte weitgehend die
Westbank-Policy.
Um ihn zu kontrollieren, wurde zwar ein "Interministerial Comittee for the Coordination of Activities in the
Territories" eingerichtet, das für soziale und Sicherheitsprobleme zuständig war, aber de facto liefen die Fäden im
"Unit for Coordination of Activities in the Territories" im Verteidigungsministerium zusammen.
Auf der dritten Ebene der Planung, der regionalen und Distrikt-Kommandos des Militärs, lag dann die eigentliche
exekutive Gewalt in der Westbank. Der Militärgouverneur war nur dem Verteidigungsminister untergeordnet und hatte fast
unbegrenzte Vollmachten.
Verteidigungsminister M. Dayan war eher ein israelischer Nationalist als ein Zionist, denn sein Hauptziel war
die Sicherung der jüdischen Existenz und Macht in Israel. Er lehnte jeden territorialen Kompromiß ab, weil eine
dauerhafte israelischen Präsenz für ihn außer Frage stand.
"Living together" war sein Slogan. Die Palästinenser bekamen Zugeständnisse im Alltagsleben , solange sie nicht mit
israelischen Interessen kollidierten. Langfristig hätten nach seinem Konzept die Palästinenser in der Westbank den
Status von extraterritorialen Jordaniern unter ständiger Herrschaft der Israelis bekommen, während die Gaza-Bevölkerung
staatenlos würde.
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